Das große Geschwafel, Akt 1

[DJ Modulo]

Tut mir Leid Orca, aber da kann ich dir nicht ganz folgen.

1. Du hast dir nie ausgesucht bzw. bist nie gefragt worden ob du dort geboren sein/ leben willst.
2. Schau dir die Landschaft/Umgebung an, Deutschland ist zum größten Teil nur 'ne hässliche Baustelle.
3. Schau die Deutschlands Vergangenheit an.
4. Achte auf die Reaktionen/das Verhalten der Leute die nicht aus DE kommen an, wenn du ihnen sagst du kommst aus DE.
5. Schau dir Lage, Umgebung, Arbeitsmöglichkeiten, Jobchancen an.
6. Schau dir unsere Regierung, Politiker und "Demokratie" an.

1. Wo man geboren wird, kann man sich nicht aussuchen, wo man leben will ab einem gewissen Alter schon, und so weit bist du von dem Alter nicht weg. Per se kein Grund das Heimatland zu hassen.

2. Ich weiß ja nicht welche Teile Deutschlands und welche Teile anderer Länder du kennst. Klar, Deutschland hat seine ewigen Baustellen wie die A2 oder den Kölner Dom. Auf der anderen Seite hat wirklich jedes (JEDES!) Land seine Baustellen und hässlichen Orte, und wenn du Frankreich des Eiffelturms wegen gut findest, will ich dich an das Brandenburger Tor erinnern.
Was ist mit dem Klima? Gut, es ist hier weder so heiß wie in der Sahara(/auf Malle) noch so kalt wie in Grönland(/in den Tiroler Alpen). Aber verachtest du das Menschsein, nur weil du keine 120 km/h rennen kannst wie ein Gepard oder das 200-fache deiner Körpergröße in Sprungweite erreichst wie ein Floh? Bestimmt nicht.

3. Du denkst allen Ernstes, Deutschlands "Vergangenheit" auf 12 Jahre reduzieren zu können (ich denke mal, dass du auf den Nationalsozialismus anspielst)? Ich bitte dich. Klar, diese 12 Jahre waren schlimm, und es gibt heutzutage leider einige Idioten, die aus falschem Patriotismus diesen Idealen nachfolgen. Auf der anderen Seite stehen aber auch durchaus sehr gute, schöne Seiten in der deutschen Geschichte; ich denke da an den Fall der Berliner Mauer oder die Ausrufung des deutschen Reiches 1871. Beide dieser Ereignisse waren das Ergebnis des Willens verschiedener Länder, einig zu sein. 1989 war es Deutschland und die DDR, während 1871 viele kleinere Länder (Preußen, Sachsen, Bayern usw.) sich erst zusammengefunden haben.

4. Eben dieses Problem, dass diese Leute im Geschichtsunterricht den Nationalsozialismus als einzige Referenz zu Deutschland lernen. Es wird teilweise ernsthaft gefragt, ob Hitler noch an der Macht ist. Andererseits habe ich sonst fast nur von sehr positiven Reaktionen gehört und dies auch selbst so erlebt.

5. Die Jobchancen stehen in Deutschland nicht wirklich schlecht, die Erwerbslosenquote von 6-7% liegt weit unter dem EU-Durchschnitt (von anderen Kontinenten will ich nicht anfangen) und genug Geld zum Leben bekommst du für die Arbeit allemal. Klar, es könnte alles besser sein, aber ich würde nun wirklich nicht sagen, dass du es hier schlecht hast.

6. Was ist denn für dich Demokratie? Dass über jede einzelne Entscheidung einzeln im gesamten Einzugsgebiet abgestimmt wird, jeder hat eine Stimme? Das kann nicht funktionieren; entweder bekommen dann alle Bürgerinitiativen was sie wollen (was unmöglich ist, da sich ihre Interessen womöglich widersprechen bzw. nicht genug Geld für all die Ausgaben da ist) oder keiner (was unglücklich ist) oder es ist zufällig (was ebenso unglücklich ist). Irgendwo müssen da Kompromisse eingegangen werden, es muss Gesamtpakete geben.
Dass man nicht alle Menschen auf 4-6 Gesamtpakete (im Falle der Bundestagswahl: Parteien) aufteilen kann, zeigt die hohe Nichtwählerquote sowie die hohe Anzahl Splitterparteien. Auf der anderen Seite liegt das auch teilweise daran, dass Menschen nicht genug über Politik informiert werden (wollen), um zu verstehen, warum gerade diese Entscheidung in Europa/bezüglich der Börse/sonstwas notwendig ist und was die Beweggründe sind. Zugegeben, ich traue auch nicht jedem einzelnen Politiker zu, jede einzelne Entscheidung zu verstehen und gewiss werden auch Fehlentscheidungen getroffen. Allerdings haben diese Politiker auch innerhalb ihrer Parteien Experten dafür sitzen die dafür bezahlt werden, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen; und eben weil man sich mit diesem Thema auseinandersetzt kann man in den Entscheidungen doch einige Klippen mehr umschiffen als mit Bauchgefühl.

Insgesamt: Klar, alles könnte besser laufen, alles könnte für jeden Menschen perfekt sein?! Naja, geht eben nicht, dafür sind Interessen, Einstellungen und Meinungen zu unterschiedlich. Das ist auch gut so; allerdings nur dann wenn diese Meinungen fundiert sind und nicht einem Trend entsprechen ohne viel nachzudenken. Denn nur, wer seine Meinung sich selbst erarbeitet hat, wer Details kennt, kann diese Meinung ausdiskutieren. Wer sie stur vor sich hin bölkt, weil mal irgendeiner das gesagt/als Slogan verwendet hat, wird egoistisch auf ihr beharren ohne einen Kompromiss eingehen zu können. Gerade diese Kompromisse sind aber das Wichtige im Zusammenleben von Menschen.